Ich bin ja nicht der einzige, der einem gesellschaftlichen Trend zur Differenzierung und Verrohung sieht.
Die Gesellschaft spaltet sich auf, es gibt immer mehr "die anderen", die man in allerlei Schubladen steckt, "Weltverbesserer" versus "Ignoranten", "Rechte" versus "Linke", "Urbane" versus "Dörfler" usw..
Die Schubladenanzahl ist inzwischen auf Apothekerschrankniveau und alle anderen als die in der eigenen werden nicht selten abgewertet.
Wir erkennen das u.a. auch am Niedergang von Volksparteien, dass der Kompromiss nicht gefragt ist, sondern viele ihre Partikularinteressen über das Gemeinwohl und natürlich über die Partikularinteressen anderer setzen. "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich" - so die Vorstellung eines wohl immer größeren Teils der Bevölkerung.
Auch im Humor sehe ich bspw. diese Veränderung, dass bspw. die Qualität eines Loriot, der beobachteten Alltag genial humoristisch verarbeiten konnte und uns damit nicht selten den Spiegel vorhielt, abgelöst wurde durch diffamierenden Humor, indem man sich ganz banal über andere lustig macht. Was dann auch nicht vor Kindern Halt macht (bspw. Greta T.), Hauptsache, man kann seinen Hass sogar im Humor verarbeiten.
Dazu kommt eben die Verrohung. Es gab immer schon unfreundliche Menschen, die respektlos formuliert haben, aber durch die sozialen Netzwerke und viel Anonymität sind die Hemmungen gefallen, dies abseits des Stammtisches zu tun. Man muss sich nur mal Youtube-Kommentare durchlesen und das Künast-Urteil des Berliner Landgericht kam da noch on top und bestätigt die Verrohten.
Viele wachsen inzwischen auf mit dem alltäglichen Lesen von derben Sprüchen, so dass die Hemmungen auch fallen, diese Sprache zu übernehmen. Wuchs früher das Ansehen mit der Fähigkeit, sich gewählt ausdrücken zu können, so ist es heute die Vereinfachung, die offenbar trendig erscheint.
Vor all dem ist kein soziales Netzwerk gefeit. Auch nicht dieses hier.
Dazu kommt eine gewisse Rechthaberei, die auch mir nicht fremd ist

und die immer wieder zu Zwist führen kann. Man sollte dabei aber wenigstens etwas Anstand beibehalten, was eben nicht immer gelingt.
Wer das aber dauerhaft nicht kann, der wird zurecht ignoriert. Ich kann da manchen Vorschreiber verstehen.
Und auch wenn nicht selten bspw. von den zuvor Genannten auch Vernünftiges, technisch Interessantes oder auch Lebendiges gepostet wird, kann eben manch Beitrag das alles entwerten.
Ich weiß auch nicht, ob es wirklich immer ein Moderator braucht, der hart durchgreift und sich selbst zum Angriffsobjekt macht. Ich denke, dass die Verrohten von selbst die Sprache ändern, wenn sie keine Kumpels mehr haben, die sie bestätigen. Wer bspw. schreibt, dass irgendwelche Innovafahrer wohl stinken würden, der hat es einfach nicht verdient, ernst genommen zu werden. Für so jemanden schäme ich mich fremd.
Wer nicht anders kann als sich über andere zu erheben, sollte es doch wenigstens nur denken, aber nicht schreiben. Nun gab es immer unempathische Menschen, die einfach nur herumätzen. Aber sie sind laut geworden in der Gesellschaft und sie mögen auch hier lauter werden (ich bin zu kurz dabei).
Wichtig ist eben, dies nicht einfach als gegeben hinzunehmen.
So wie der Typ, der laut bollernd die Unwelt beglückt, am Motorradtreff gern angesprochen werden sollte auf sein unsoziales Verhalten, so darf man immer wieder andere darauf hinweisen, dass sie sich im Ton vergreifen. Dafür muss man nicht Moderator sein. Das kann und sollte jeder.