Hier nun die gesammte Geschichte:
Zuletzt hatte ich vorne noch den letzten Dunlop 900TT und hinten einen ShinCheng drauf.
- Der ShinCheng ist m.E. schweinegut, aber zur Zeit mal wieder nicht in D erhältlich.
- Beide Reifen waren ziemlich abgefahren.
Im April zum Tüv: Plakette zwar bekommen, aber mit viel Gemurmel:
- "haben aber schon sehr wenig Profil, müssen baldigst gewechselt werden. Achja: normalerweise ist das mit dem Dunlop vorne und dem ShinCheng hinten so nicht zulässig, es müssen immer vorne&hinten das gleiche Fabrikat drauf sein."
Darauf habe ich dann "um Rat" gebeten und wurde dort erstmal "aufgeklärt":
- "Reifenbindung ist generell seit 2007 entfallen, man muß jetzt immer beim Reifenhersteller vorab sich eine entsprechende Bescheinungung holen"
Ich habe dann nachgebohrt, da ich ja wusste daß die Inno keine Reifenbindung hatte.
- "nee, das ist jetzt immer notwendig daß der Reifenhersteller eine Freigabe gibt"
Nachfrage wie das denn bei alten Fahrzeugen ohne Reifenbindung sei:
- "Da muß man auch ne Freigabe immer mitführen"
Also was nun ?
Zuhause erstmal rumgeforscht:
Freigaben gibts von:
- Michelin für City-Pro und Street-Pilot (beide mag ich nicht wegen zuwenig Profil bei Sand in der Kurve)
- Heidenau K66 (der vordere ist schweinegeil, der hintere auch aber kostet mir zuviel Schläuche beim Montieren

Was also tun?
Honda angerufen:
- Was darf ich denn nun aktuell draufziehen ?
- Kann ich auch unterschiedliche Fabrikate vorne&hinten fahren ?
- Gibt es eine Fabriaktsbindung ?
Nach längerer Telefonischer Irrfahrt á la Buchbinder Wanniger hieß es auch dort:
- Honda gibt generell keine Freigaben mehr raus, das ist ausschließlich Sache der Reifenhersteller
Daher gibt es auch keine Fabrikatsbindung.
Die Serienbereifung wäre der Dunlop 900TT.
Auf meinen Einwand daß es den nicht mehr gibt ist der Hondamensch nicht eingegangen:
- "Das ist Sache des Reifenherstellers ein Nachfolgeprodukt freizugeben"
Auf die Frage ob vor 2007 eine Fabrikatsbindung bestanden hat
- "Das ist heute Irrelevant, da die Fabrikatsbindung ja 2007 aufgehoben wurde"
Auf die Frage ob ich verschiedene Fabrikate vorne&hinten fahren dürfte:
- "Nein, es muß das gleiche Fabrikat vorne & hinten sein"
->
Halte ich alles für unlogisch (vermutlich "Halbwissen", dafür aber mit fester Stimme vorgetragen), da:
- - Ich z.B. eine alte Aprilia habe die per Einzelabnahme damals nach Deutschland kam (Hersteller laut Brief = 000000; da gibt es niemals nie nicht irgendeine Reifenfreigabe von einem Reifenhersteller);
- Gleiches wer seltene Fahrzeuge oder Oldtimer fährt.
- Oder z.B. bei meinem Chopper das Rad vorne Groß und schmal, hinten breit und klein ist, wie soll da das gleiche Fabrikat draufpassen können sollen.
- Oder noch besser: ein Trike: Hinten Autoreifen, vorne Motorradreifen u.s.w.
- Wenn früher keine Bindung oder Pflicht bestand, ohne daß das Fahrzeug sich technisch ändert, dann kann auch jetzt nicht "plötzlich" eine Bindung da sein ? Das widerspricht der Besitzstandswahrung
- Kaufe ich im Ausland einen Reifen (z.B. in Dänemark) dann muß ich den ja auch hier in D aufziehen dürfen wenn dieser Reifen auf derselben Maschine in Dänemark erlaubt ist und die Maschine Europaweit gültige COC-Papiere hat.
- u.s.w.
Also bisheriger Kenntnisstand
Vorne und hinten scheint in D nur zulässig:
- Michelin CityPro
- Michelin StreetPilot
- Heidenau K66
--> Sehr unbefriedigend.
Also Anruf bei Heidenau:
Die Freigabe des K58 wurde wegen des grösseren Umfanges und einer dadurch möglichen negativen Tachoabweichung zurückgezogen, ansonsten würde sie noch bestehen
(muß also im Einzelfall Fahrzeugspezifisch geprüft werden)
Ich habe mir dann dazu die technischen Unterlagen für die K66 und K58 Reifen vorne&hinten schicken lassen, desgleichen wurde mir auch noch freundlicherweise eine Kopie eines Schreibens von Honda von 2008 beigefügt aus dem hervorgeht daß damals
keine Fabrikatsbindung bestand. Und dazu noch ein Schreiben an die Reifenhersteller vom BMVI (Bundesministerium für Verkehr), in dem genau aufgeschlüsselt ist wie zu Verfahren ist bei Reifenänderungen.
Also mal alles zusammengerafft,durchgewurstelt,Quergelessen, zusammengefasst.
Ergebniss:
- Es gibt tatsächlich keine Reifenbindung mehr. Statt dessen sollen können die Reifenhersteller selber entsprechend Freigaben erteilen wenn eine Fabrikatbindung besteht
- Es kann grundsätzlich jeder Reifentyp aufgezogen werden der in den Papieren steht oder besser ist (also jeder 80/90-17 mit 50P oder besser)
- Es müssen auf einer Achse der gleiche Reifentyp aufgezogen werden, es gibt aber keine Vorschrift daß auf allen Achsen das gleiche Fabrikat sein muß !!
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Begriffserklärungen damit man das Ganze verstehen kann:
- "Hersteller" = Reifenfirma (z.B. Heidenau)
- "Fabrikat" = der Reifen vom Hersteller (z.B. der K58)
- "Reifentyp" = die Reifenbezeichnung laut EU-Norm (z.B. 80/90 - 17 50P); also Größe, Geschwindigkeitsindex, Tragfähigkeit.
Danach habe ich mich durch die EU-Norm 97/24/EG mit Hilfe des Schreibens vom BMVI (Bundesministeriums für Verkehrt und Blabla) gewühlt:
Was nun besonders interessant ist in dem Schreiben vom BVMI der
Punkt 3:
3. Für das Fahrzeug besteht keine Beschränkung in Form einer Fabrikatsbindung und die Reifengrößen sind mit denen in der Genehmigung genannten Reifengrößen nicht identisch
Dazu wird dann die 97/24/EG ausgeführt, ich versuche das Kauderwelsch dort mal zu über(ent)setzen:
Blabla: wenn eine andere Reifen aufgezogen werden stellt das eine Veränderung gegenüber der orginalen Betriebserlaubniss dar.....die Veränderung ist aber zulässig wenn der Reifen eine Typgenehmigung hat (
haben alle Motorradreifen in Deutschland) und "Einschränkungen" nach Kapitel I Anhang III der Richtlinie 97/24/EG eingehalten werden
In dieser Richtline 97/24/EG bezieht man sich mit vielen Querverweisen im Prinzip darauf :
- daß der Reifen "reinpasst", also genug Luft im Radhaus hat
- Geschwindigkeit und Tragfähigkeit passen
- Tachoabweichung durch die andere Reifengröße nicht negativ werden darf (max=0 bis +10% + extra 4kmh sind erlaubt)
Und jetzt kommt des Pudels Kern in dem Schreiben vom BMVI :
Sind die obigen Bedingungen bei einer anderen Reifengröße erfüllt ist die Änderung zulässig und darf nicht beantstandet werden.
Weiterhin gilt daß die Änderung keiner weiteren amtlichen Befassung (§19 Abs.3 Nr. 2 STVZO) bedarf und eine Anpassung der Angaben in den Fahrzeugpapieren nicht erforderlich ist
Und ein wenig später noch:
Zusammenfassend kann festgestellt werden:
- Erfüllt ein Reifen alle Bedingungen, die an Reifen und an deren Anbau an ein Fahrzeug gestellt weden, ist er zulässig.
- Es bedarf für den rechtmässigen Anbau keiner zusätzlichen amtlichen Befassung oder besonderen Prüfung.
- Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ist entbehrlich, aber für alle Beteiligten wie Händler, Endverbraucher, Überwachungsorganistionen oder die Polizei eine nützliche Hilfe
- Eine Unbedenklichkeitsbescheinung ist keine amtliche Bescheinung sondern stellt lediglich eine zusätzliche & entbehrliche "Serviceinformation für den Verbraucher" bzw. "Hilfestellung bei der Montage" dar. Lediglich Einbauanweisungen müssen beachtet werden, so denn darin aufgeführt.
Das Ganze auf gut Deutsch:
Eine andere Reifengröße ist grundsätzlich zulässig und wenn:
1) der Reifen genug "Luft" nach dem Einbau hat
2) Geschwindikgeits- und Tragfähigkeitsindex passen
3) auch bei größeren Reifen der Tacho keine negative Abweichung hat
Eine Eintragung ist grundsätzlich nicht mehr erforderlich wenn orginal keine Fabrikatsbindung vorliegt
Also haben da alle bisher irgendwie recht gehabt:
- Es reicht auch wenn man den Schriebs vom Reifenhersteller mitführt (muß man aber nicht)
- Man braucht sogar grundsätzlich nicht einmal mehr einen Schrieb vom Reifenhersteller
- man braucht auch nix mehr eintragen (man kann aber)
- Eintrag (so man will) darf nicht verweigert werden wenn alles passt
Da selbst dem BMVI klar ist das daß noch nicht jeder Dorfpolizist in Hintertupfingen oder der BauernTüv in Kleinbuxtehude mitbekommen hat und der Tüv gerne an unnötigen Gutachten verdient indem es bei der HU erstmal durchfallen lässt wegen angeblich nicht genehmigten Reifen, hat es daher empfohlen das trotzdem sicherheitshalber eintragen zu lassen, da auch Versicherungen im Unfall-Fall sich da gerne erstmal Querstellen.
Dem bin ich nun heute nachgekommen
Anhang:
Sehr sehr hilfreiches
Schreiben vom BVMI:
https://www.polizei.rlp.de/internet/med ... wnload.pdf
97/24/EG:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/ ... 31997L0024