Ich sag noch nichts. Ich hab Material für den "wo war ich" - Thread, der reicht für Monate

Die Strecke erfahre ich, wenn ich die hunderte Fotos ausgewertet habe
EDIT: Fotos eingefügt
Die Knipserei hat meinen Zeitplan ziemlich übern Haufen geworfen. Ich bin mehr der Genußmensch, der unterwegs auf Landstraßen x-ter Ordnung Eindrücke sammelt und für sich per Foto bewahren will, als dass ich Kilometer um der Kilometer willen auf der Autobahn runterreiße. Deshalb ist es mir auch egal, ob der Tacho nun entgegen dem Navi mit 1005 km erstaunlich viel weniger, also nur 964,7 km aussagt.
Also kein offizieller Eisenarsch, aber ich weiß jetzt definitiv: Wenn mans drauf anlegt, ist es auf Landstraßen machbar.
Auf den letzten 100km hab ich aus reinem Selbsterhaltungstrieb mehr Pausen gemacht, als die ganze Strecke zuvor. Auf die 35,3 km, um jeden Zweifel am Eisenarsch zu ersticken, hatte ich dann auch keinen Bock mehr. Wenn man kein Ziel mehr vor Augen hat, dann geht die ganze Restkonzentration flöten. Ich hatte einen der geilsten Tage meines Lebens, er sollte nicht mein letzter sein.
Die Tour kam spontaner zustande als ich mir hab träumen lassen. Freitagnachmittag Ansage der Ehefrau: "Bin den ganzen Samstag mit einer Freundin und den Kids unterwegs. In der Zeit kannst du zuhause was werkeln was du schon immer tun wolltest." Hmmm, erfahrene Ehemänner erkennen sofort: gefährliche Falle! Egal was man(n) an einem sturmfreien Tag machen kann, es wird am Ende des Tages stets zu wenig, auf jeden Fall das falsche und sowieso ganz anders ausgeführt sein wie irgendwann angeblich mal besprochen. Am besten ist man(n) gar nicht zuhause.
Blitzschnelle Antwort: "oh, ok, dann passts ja, wollt nach dem ersten selbstgemachten Kundendienst noch eine Proberunde mit der Inno drehen, die darf dann etwas größer ausfallen. Ich bin dann auch auch unterwegs. Ich starte um 3 Uhr."-"Dann kannst ja noch was im Haus machen."-"Nö, drei Uhr morgens."
Schnell den Moment der Verblüffung genutzt und die wichtigsten Dinge zusammengesucht, Wecker nach kurzem Protest auf 4 Uhr morgens gestellt und dann möglichst geräuschlos, d.h. ohne Frühstück das Haus verlassen.
Tachostand beim Start:

So früh morgens wars noch ganz schön schattig.

So hab ich dann bald mein Winterfutter in die Jacke gepfriemelt und nach der erstbesten offenen Bäckerei Ausschau gehalten. Nach insg ca 180 km Kältefahrt war ich erfolgreich und verblüfft: Kann heißer Kaffee so gut schmecken?

Danach liefs wie von allein. Bald konnte das Winterfutter wieder in einem der vielen Koffer verschwinden und der wolkenlose Himmel ließ die Sonne unbarmherzig ihr Werk tun. Hier an der Schwarzwaldhochstraße, der B500 bei Waldau.

Meine Tour hatte ich in groben Zügen so geplant, dass ich morgens eine große Schleife nach Westen fahre und dann nach Norden schwenke um mein Ziel zu erreichen. Hier gings über den Col du Bonhomme.

Dann wieder im großen Bogen zurück, so dass ich nie der Sonne entgegen fahren musste. Sonnenaufgang und -untergang im Rückspiegel sind übrigens auch toll.
Durch meine Trödelei, hervorgerufen durch meine Neugier unplausible Ortsangaben zu untersuchen

und die vielen Fotostops, hier an der Mosellbrücke zwischen Frouard und Pompey

war ich erst gegen 15:30 Uhr an meinem Ziel
Douaumont:

bei Verdun.
Die Besichtigung dieser historisch bedeutenden Stätte fiel extrem kurz aus,

da ich wusste: Es wird spät, sehr spät, fast schon früh. Ich wollte eigentlich nicht allzulange in die Dunkelheit reinfahren. Eisenarsch hin oder her, ich will und muss sicher zuhause ankommen. Noch ein Bild unterwegs bei Pont a Mousson mit der Kirche St.Martin

Motto: Mal schauen wie es läuft und bis ca 20 Uhr entscheiden, ob ich eine Übernachtung brauche oder nicht. Die Knipserei wurden schon von selbst weniger, da mein Ladegerät fürs Smartphone den Geist aufgab und aufgrund der Trackingfunktion der Ladezustand schon jenseits von gut und böse war. Noch einer der unzähligen Soldatenfriedhöfe, hier Montauville:

Irgendwann wars ganz aus und dummerweise hab ich die Trackingdaten anstatt zu sichern abgeschossen.

Die DSLR kam nur selten zum Einsatz. Hatte nur das 28-80mm Objektiv dabei, damit ist man nicht ideal aufgestellt für schnelle Schnappschüsse.
Das ausgefallene Telefon sorgte somit leider für etwas Unruhe zuhause. Wir sind wir eigentlich früher zurecht gekommen? Ich habs immer so gehalten: Wenn was passiert, dann ruft die Polizei schon an. Hat auch immer geklappt. Leider.
Für die Rückfahrt wurden deshalb etwas weniger großzügige Umwege eingeplant, ok passt. Einmal noch schwitzen, wegen dem auf dem Lande extrem dünnen Tankstellennetz, (siehe
anderer Thread). Größere Pause am Panzer am Ortseingang von Phalsburg gegen 20 Uhr kurz nach der Tankaktion,

Fahrzeug läuft problemlos, Ankunftszeit nach Navi kurz Mitternacht, Getränke und Snacks genügen vorhanden, gewissenhafte Prüfung des eigenen Zustands, alles bestens. Weiterfahrt sollte kein Problem sein. Phalsbourg:

Ok, es wurde dann noch deutlich länger. Zig gesperrte Ortdurchfahrten, ich dachte zuerst an public viewing, aber Leinwände hab ich keine gesehen und die Franzosen boykottieren doch diesmal die WM? Egal.
[Nachtrag: Hab soeben erfahren, dass die Franzosen doch bei der WM dabei sind, naja man kann nicht alles wissen] Gute Stimmung und Party allerorten, die Umwege summieren sich und kaum mal in Saverne einen Crepes-Stand angesteuert, prompt verplappert man sich radebrechenderweise mit der einheimischen Bevölkerung. Woher, wohin, womit und vor allem: Pourqoi? Fazit: "Ils sont fous les Allemands.."

Ok, man hat mich offenbar verstanden

Strassburg mit dem charakteristischen eintürmigen Münster wurde in der Abenddämmerung erreicht.

Kaum über der Grenze im Heimatland, hoch nach Zuflucht bei Oppenau die Aussischt übers Rheintal genossen.

Weiterhin überall Sperrungen wegen Public viewing, aber deutlich weniger Party, weniger gute Stimmung. Ich wagte schon aus Zeitgründen nicht nach dem Ergebnis von Jogis Truppe zu fragen. Bei denen liefs nicht so.
Inzwischen hatte ich wieder das Winterfutter angelegt, und das war gut so. Denn später unterwegs in den Scharzwaldtälern zeigte das Thermometer mal nur noch fünf Grad. Ein paar Baustellen mit topografisch bedingten großräumigen Umleitungen, bei denen meine Navisusi mich immer wieder versuchte auf die gesperrten Strecken zurückzulotsen taten das Ihrige um die Nacht lang werden zu lassen.
Kurz vor drei Uhr kam ich zuhause an.
Kurzer Anschiss, weil ich per Handy nicht erreichbar war (siehe oben Stichwort Akku) und ich sank todmüde ins Bett. Aber nach so einem Tag findet man keinen Schlaf. Es geht so viel durch den Kopf.
Genial war die Navigation mit zwei Navis, eins auf Strecke, eins auf Luftlinienmodus. Man hat dann immer seine Richtung und merkt schnell, wenns komplett in die falsche Ecke geht. Sehr gut bewährt hat sich eine Kunststofftrinkflasche mit Schnorchel vom Eishockey. Nur mit Leitungswasser gefüllt in der während der Fahrt zugänglichen Fußraumtasche. Regelmäßiges und ausreichendes Trinken unterwegs ist enorm wichtig und wird so zur Nebensache.
Ein paar Sachen würde ich anders machen, speziell im Bereich der Planung, wie z.B. Kartenmaterial, Handyakkus, Kompaktkamera anstatt DSLR, Fahrzeugpapiere und Versicherungsunterlagen mitnehmen (die lagen noch im Treppenhaus

) etc pp. Aber egal, ich glaube, das spontane Aufbrechen, vielleicht auch Ausbrechen ist ein wichtiger Teil des Gesamtpakets.
Fazit: Auch wenn ich mich wiederhole: Kein offizieller Eisenarsch, nach Tacho warens 964,7 km:

oder doch? Nach Navi schon:

Egal, aber ich hatte einen der geilsten Tage meines Lebens.
Sorry und Danke an meine Frau
Inspiration für die Tour war u.a. dieses
>Lied: Es ist an der Zeit - Hannes Wader <