Ja, ich gehöre eher zu den stilleren Forumsteilnehmern. Und ja, eigentlich wurde zu dem Thema auch schon alles gesagt. Nur noch nicht von Allen (* Karl Valentin).
Ich bin hier jedoch in besonderer Weise betroffen, da ein ehemaliger Bekannter, der Lars aus Puchheim (Kreis FFB), genannt Lasse, ein ganz ähnliches Schicksal erlitten hat, wie die beiden Unfallopfer von der A14.
Lasse wagte sich mit seiner knapp 10 PS starken und nur 67 km/h schnellen Ape Diesel aus indischer Fertigung nachts bei geringem Verkehrsaufkommen auf die A 8. Er wurde dann von einer 28-jährigen Mercedesfahrerin, die mit ca. 170 km/h auf der rechten Spur auf ihn auffuhr getötet. Die Autobahn Richtgeschwindigkeit beträgt auch in Deutschland 130 km/h, wie oft vergessen wird.
Auch bei diesem Horror-Crash waren viele dieser Meinung: Lasse hat „selber schuld“. Das Mitleid galt nicht etwa dessen Witwe und seinen Halbweisen, sondern der Raserin. Auf dieser Seite könnt Ihr z.B. als ersten eingetragenen Kommentar folgendes Nachlesen:
„01.09.2011 13:36 Uhr von Holzhacker Joe
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+10 | -17
Tja: Selber schuld, wer mit so einem Drecksteil auf die Autobahn fährt. Die Dinger produzieren schon auf Bundesstraßen Kilometerlange Staus und gehören längst aus dem Verkehr gezogen. Oh, wie ich diese Dinger hasse!!!“
Man beachte die 10 positiven Bewertungen zum Kommentar.
Nachzulesen hier
http://www.shortnews.de/id/914234/pforz ... rer-stirbt
Wer Näheres wissen möchte gibt in Google ein „Ape Unfall Pforzheim“.
Der hier gelinkte Bild-Artikel geht ebenfalls genau in diese völlig empathielose Richtung.
Ich finde auch, dass bereits manche Kommentare hier im Forum das gebotene Mitgefühl mit den Unfallopfern vermissen lassen. Diese haben den Meldungen zufolge schließlich nichts falsch gemacht. Der Sozius war zudem nur passiv beteiligt. Schon gar nicht darf nun den Opfern angelastet werden, dass der Gesetzgeber eine relativ praxisfremde Regelung für Kleinkrafträder schuf (max. 125 cm3, max 11 kW) oder gar, dass sie die Autobahn völlig bestimmungsgemäß genutzt haben.
Mit gutem Grund gibt es kein Recht auf exklusive Straßennutzung nur für schnelle (ab wie vielen km/h sollte das anfangen?) oder schwere (vielleicht ab 1800 kg?) KFZ.
Ein Rückblick auf Wetter-online.de gibt übrigens für den 2.9.2014 für den Unfallort nur minimalen Niederschlag an. Also eher gute Verhältnisse.
Der auffahrende Wagen war lt. Zeitungsberichten ein (mit Fahrer zwischen 2,4 und 2,6 Tonnen schwerer) SUV des Typs VW Tuareg. Der Fahrer war 29 Jahre alt. Dessen Geschwindigkeit soll lt. Berichten „erheblich höher“ gewesen sein als die des Rollers.
Wenn man also beim Aufprall nur 120 km/h beim VW und immerhin 80 km/h beim Roller (mit 2 Pers. ca 300 kg) annimmt wäre das ein delta-V von 40 km/h bzw. abgerundet 11 m/s.
Die Physik sagt zum sog. Kraftstoß bei Stoßziffer 1: m1 x v1 = m2 x v2
Aufgelöst nach v2 = v1 * m1 / m2 gab der Tuareg dem Roller und seiner Besatzung also eine Geschwindigkeit von gut 95 m/s bzw. 340 km/h mit auf den Weg. Zusätzlich zu deren vorhandener Geschwindigkeit von ca. 80.
Da natürlich keine starren Körper beteiligt waren, ging entsprechend viel Energie in die Verformung. Die Opfer, insbesondere der Sozius, müssten also bereits alleine durch den Aufprall schwerstverletzt oder getötet worden sein.
Dass dann noch ganze DREI Fahrzeuge die Opfer überrollt haben, verstehe ich nur eingeschränkt. Der erste, ja. Der zweite, warum denn noch? Aber dann, obwohl bereits ein Auffahr- und zwei Überroll-Unfälle passiert waren, noch ein dritter?
Hiervon abzuleiten der Schwache habe ein Fehlverhalten gezeigt, lediglich weil er seine zugesicherten Rechte ausgeübt hat, halte ich für fragwürdig oder gar irrational. Vielmehr müsste doch gerade derjenige, der dieses extreme Gefahrenpotential geschaffen hat – nämlich der tonnenschwere und schnelle SUV – umso verantwortungsvoller mit dem von Ihm geschaffenen Gefahrenpotential umgehen und entsprechend umsichtig fahren. Eigentlich das mindeste, was man erwarten darf.
Der Vorschlag, man solle doch z.B. „Leuchtweste“ tragen (hätte das in der beschriebenen Situation etwas Positives bewirken können?) geht für mich in eine falsche Richtung. Unsere (Klein)krafträder sind bereits mit amtlich genehmigter Beleuchtung, Reflexkennzeichen, Rückstrahler und ggf. Helm-, Gepäck- und Kleidungsreflektoren mehr als ausreichend gekennzeichnet. Nun darüber hinaus zusätzliche Leucht- oder Reflexmittel zu fordern, nur um unaufmerksamen Verkehrsteilnehmern zu ermöglichen, unaufmerksam zu Fahren und ihr Fehlverhalten ggf. anderen anzulasten, halte ich für falsch.
Es verleitet geradezu zu noch mehr „Schlafen“. Nicht ich, nein, der Andere hat die Verantwortung, dass ich ihn nicht anfahre. Und falls doch ist er selber schuld, weil kein Helm, keine Leuchtweste, keine Protektoren, zu langsam, irgendwas zur Rechtfertigung finde ich schon usw.
Mein Mitgefühl gilt allen Angehörigen und Freunden der Opfer. Die (vier) Täter bedaure ich zwar, aber sie sind dennoch im Rahmen unserer Gesetze zur vollen Verantwortung dafür heranzuziehen, dass sie zwei junge Leben aus Unaufmerksamkeit und Nachlässigkeit ausgelöscht haben.
Zum Abschluss noch Folgendes zum darüber Nachdenken:
Durch mehr Motorisierung, schwerere KFZ, Helme, Protektoren und derlei Ausrüstung werden KEINE Unfälle verhindert! Günstigstenfalls werden die Folgen etwas abgemildert.
Ich werde übrigens mit meiner Wave weiter die Autobahn nutzen. Gute Fahrt!
Euer Herbert