Honda Innova Forum

Heute hatte ich mal wieder Gelegenheit, über mein manchmal ungebührliches Verhalten im Straßenverkehr zu reflektieren.

Auf meinem Rückweg von der Arbeit komme ich auf einer engen kleinen Straße ohne Seitenstreifen im schrägen Winkel an eine Stopstraße.
Also eine Straße, die neuerdings mit einem Stopschild versehen ist (Obwohl es die letzten 20 Jahre sehr gut ohne ging.)

Ich fuhr also piano, piano mit etwa 20 km/h an das Stopschild heran, aber etwa drei Meter vorher beschloß ich plötzlich, jetzt einfach voll beschleunigt über die Stopstelle zu fahren.
Nicht nur das; ich fuhr auch (vollbeschleunigt) gleich auf die Mitte der Gegenfahrbahn und verblieb dort auf eigene Gefahr etwa 100 m. Gegenverkehr hin, Gegenverkehr her...

Das Schlimmste bei dieser Aktion war, daß ich dabei überhaupt nicht überlegen mußte und alles völlig automatisch ablief. Irgendwas muß mit meinen urdeutschen Gehorsamsreflexen doch nicht in Ordnung sein.

Wenn das ein Gesetzeshüter gesehen hätte, mein Gott.
Was hätte ich dem sagen sollen?

Hätte ich ihm was erzählen sollen von dem türkischen LKW, der mit etwa 80 km/h offensichtlich ungebremst und formatfüllend in meinem Rückspiegel aufgetaucht war? Der sowohl das Stopschild als auch die kleine Inno übersehen hatte? Und der dann rechts an mir vorbeidonnerte, als wenn es kein Morgen gäbe?
Hätte ich darauf hinweisen sollen, daß nur mein illegales Manöver mich davor rettete, über die ganze Straße verteilt zu werden?

Ob das mildernde Umstände gegeben hätte; na ja, ich weiß nicht... In Deutschland????

Das wär doch mal eine interessante Frage für Foristen im Sommerloch:
Kann es u.U. zulässig sein, Verkehrsregeln zu brechen zum schnöden eigenen Vorteil?

Grübelnd,

Reinhard

thrifter hat geschrieben:Das wär doch mal eine interessante Frage für Foristen im Sommerloch:
Kann es u.U. zulässig sein, Verkehrsregeln zu brechen zum schnöden eigenen Vorteil?

Ganz aktuell mein Thema. Ich hab soooon Hals.
Wenn mit "schnödem eigenen Vorteil" das eigene Überleben, bzw das gute Gefühl zum Überleben Anderer beigetragen zu haben gemeint ist, dann lässt das der Gesetzgeber und seine überwachenden Organe dies auch zu. Leichte Geschwindigkeitsüberschreitungen, Falschfahrten oder Rotlichtverstöße um z.B. Rettungsdienste passieren zu lassen sind ok und werden, wenn auch dezent, propagiert. Solange nichts passiert.
Leider können aber auch nach eigener Erfahrung andere dein Leben gefährden und kommen ungestraft davon, eben, warum wohl? Wenn nichts passiert. Wenn man bspw. mit viel Erfahrung, Intuition und verdammt viel Glück noch davon gekommen ist hat.

Aber, wehe du machts irgendwo ne Kleinigkeit falsch und jemand hat Langeweile. Das muss kein Amtsorgan sein. Da tuts auch den frühberenteten Blockwart im Nachbarhaus, der den ganzen Tag am Fenster hockt und über sein Revier wacht. Wo sind da die Sprengstoffattentäter wenn man sie braucht?

Ich seh das tiefenentspannt, auch was das Moped angeht.reifen,Übersetzungen alles ganz locker.bretter auch mal im Wald rum,nehm auch mal nen Radweg...im gesamten Versuche ich nicht besonders aufzufallen was mit ner cub sehr gut läuft.

Es soll gar Leute geben die nen eigenbauseitenwagen haben und den ohne TÜV gutachten Zulassung oder sonst sinnloses papiergedöns spazieren fahren und ehrlich gesagt, ich will auch son Teil.

Und son Riemenantrieb is auch schick...aber da stört mich der Kostenfaktor, meine 9,90,- Kette macht keine besonderen Anstalten in Rente gehen zu wollen...25000+km...

...was bleibt mir wie so oft zu sagen: Rennen lassen. Alles und jeden. Bloß nicht ärgern. Auch andere die mich gefährden im Straßenverkehr...ich reg mich nicht mehr auf bringt eh gar nichts.
Was mir hilft: ich bin der tiefen Überzeugung das es nicht mit Absicht war.

Und schon fahr ich weiter mein Liedchen pfeifend durch die Gegend, anstatt in ne Tüte zu Atmen um zu verhindern zum Hulk zu werden und den affenkopp mit gewerbemengenrabatt für wd40, wenn Dummheit quietschen würde, aus seiner Dose zu schälen und ihm im Anschluss ein:

" Und wenn ich rauskomm aus Knast mach ich dich nochmal platt!!! " in den Schädel zu hämmern.


Bringt nix...Rennen lassen...

also, ich halte mich immer an die Vorschriften. Da brauch ich dann nicht mehr selbst zu denken. Ich stoppe beim Stopschild, auch wenn die Strassen völlig übersichtlich sind. Und ich blinke immer beim abbiegen, auch wenn kein anderer ausser mir unterwegs ist. Und im Gelände fahre ich auch nie, klar...,ist ja verboten.
Und meine Wave bekommt auch keine andere Übersetzung, weils verboten ist. Das größere Ritzel hab ich nur aus Langeweile bestellt und vielleicht hänge ich mirs um den Hals

Eine interessante Fragestellung.

Hier meine persönliche Antwort in einem vergleichbaren Fall:
Ich fahre nachts mit dem Rad auch schonmal über rote Ampeln. Weil ich der Meinung bin, das weithin niemand ist und ich mich dessen hinreichend versichert habe.

Würde ich dabei erwischt, müsste ich mir entgegenhalten lassen, dass meine Aufmerksamkeit eben nicht hinreichend war, weil ich sonst die Polizei wahrgenommen hätte. Übersehe ich aber selbst die Polizei, dann war ich nicht aufmerksam genug um nicht auch generell einen eventuellen anderen Verkehrsteilnehmer zu sehen. Folglich dürfte ich mich auch nicht über ein entsprechendes Bußgeld beschweren.

Bei Kraftfahrzeugen geht freilich noch eine erhöhte Verkehrsgefahr für andere Verkehrsteilnehmer aus. Unsere StVO ist eigentlich so aufgebaut, dass sie dem sich ordnunggemäß verhaltenden Verkehrsteilnehmer noch genügend Spielraum einräumt auf die Dummheiten/Missgeschicke anderer zu reagieren. (Fahrlerer: Mann muss immer mit den Dummheiten anderer rechnen.) Wenn ich mir kleine Freiheiten nehme, brauche ich diesen Spielraum auf, verlasse mich mitunter darauf, dass sich andere Verkehrsteilnehmer erwartbar verhalten. Treffe ich dann auf einen Verkehrsteilnehmer der sich ebenso verhält, kann es ganz schnell sehr eng werden.

@thrifter Ganz simple Antwort: übergesetzlicher Notstand und aus die Maus.

thrifter hat geschrieben:Kann es u.U. zulässig sein, Verkehrsregeln zu brechen zum schnöden eigenen Vorteil?

Das kommt darauf an, wie man den eigenen Vorteil definiert.
Diejenigen, die sich nicht an die Verkehrsregeln halten, gelten allgemein als Egoisten.
Ein gesundes Maß an Egoismus ist aber zum Überleben wichtig.
Wo hört das gesunde Maß auf, wo fängt die Ellenbogen-Mentalität an ?
Die Freiheit auf zwei, drei oder vier Rädern ist schon lange keine Freiheit mehr.
In Deutschland gibt es auf so manchen Autobahnabschnitten freie Fahrt, die Verkehrssicherheit anhand der Unfalltoten scheint statistisch jedes Jahr etwas besser zu werden.
Ein Tempolimit aufgrund der Verkehrssicherheit läßt sich in Deutschland nicht durchsetzen.
Kann zum Beispiel ein daheim stark reglementierter Schweizer mit den erlaubten Geschwindigkeiten in Deutschland umgehen?
So mancher hat damit Probleme.
Am Wochenende wurde im schwarzen Wald flächendeckend die Geschwindigkeit kontrolliert, Spitzenreiter waren mal wieder die Schweizer, von denen einer gleich zweimal hintereinander erwischt wurde. Erst mit einem abgefahrenen Hinterreifen, und ca. 30 Minuten später mit gemessenen 142 km/h im 80er Bereich.

Notstand, Reinhard. Hast Du richtig gemacht.

Als Juristenklugscheißer muss ich einwenden, dass der übergesetzliche Notstand von der Rechtsprechung (zu recht) nicht anerkannt wird. Er würde hier auch nicht greifen. Der besagt quasi nur: Wenn ich einige leute töten muss, um viele zu retten, dann darf ich das ausnahmsweise tun.
In Reinhard`s Situation kommt es darauf an, ob alternative Handlungsmöglichkeiten zur Rettung seines Lebens möglich und verhältnismäßig wären, z. B. das Fahren in den Graben. Wenn nicht, dann ist das Überfahren des Stopschildes vom rechtfertigenden Notstand gedeckt, vorausgesetzt der LKW hätte ihn tatsächlich ansonsten erfasst. Wenn nicht dann unterläge er einem sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum, der wiederum die Vorsatzschuld auf der Schuldebene enfallen ließe... Bla... Bla...

Als normal denkender Mensch sage ich: Lieber lebendig ein paar Punkte in Flensburg, als tot an die StVO gehalten

Lieber vor einem irdischen als einem himmlischen Richter...

thrifter hat geschrieben: Ich fuhr also piano, piano mit etwa 20 km/h an das Stopschild heran, aber etwa drei Meter vorher beschloß ich plötzlich, jetzt einfach voll beschleunigt über die Stopstelle zu fahren.
Nicht nur das; ich fuhr auch (vollbeschleunigt) gleich auf die Mitte der Gegenfahrbahn und verblieb dort auf eigene Gefahr etwa 100 m. Gegenverkehr hin, Gegenverkehr her...
Wenn das ein Gesetzeshüter gesehen hätte, mein Gott.
Was hätte ich dem sagen sollen? Hätte ich ihm was erzählen sollen von dem türkischen LKW, der mit etwa 80 km/h offensichtlich ungebremst und formatfüllend in meinem Rückspiegel aufgetaucht war? Der sowohl das Stopschild als auch die kleine Inno übersehen hatte? Und der dann rechts an mir vorbeidonnerte, als wenn es kein Morgen gäbe?

Unglaubwuerdige Konstruktion, tut mir leid.
Wenn da irgendein Ordnungshueter gegen Dich aktiv geworden und eingeschritten waere, haette er sowieso den Grossteil der Situation gesehen und sogar gesehen, dass ein LKW einer vollbeschleunigenden Inno rechts vorbeizieht. Die erwaehnten 80 Km/h vor dem Stoppschild, die man ja mit einer Toleranz von < 5% im Rueckspiegel ermessen kann, hat er natuerlich auch gesehen. Also kein Problem fuer dich seitens des Ordnungshueters.
Als Frage bei der Theoriepruefung fuer den Fuehrerschein ist dies allerdings schon sehr interessant.
Mein Fahrlehrer Mitte '50 hat mir eingetrichtert "fahr defensiv, alle anderen sind nur unberechenbare Trotteln".
Und so haette auch deine Aktion ausgesehen.
Peter.

velociped hat geschrieben:Lieber vor einem irdischen als einem himmlischen Richter...

Matthäus 5 Vers 20:
Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.