Also erstmal raus aus dem Hafen. Nach der dritten Umrundung des Kreisverkehrs klappte das auch. Ich hatte immer Hemmungen einfach links abzubiegen. Im Zweifelsfall auf der Spur bleiben auf der man war, als zuletzt jemand entgegen kam? Hilft nicht immer. Der Linksverkehr ist eigentlich kein Problem wenn etwas Verkehr herrscht. Ich hatte an Ostern schon üben dürfen und nur einen Reifen am Mietwagen kaputt gefahren. Ich war optimistisch, außerdem wird man gelegentlich so wie hier per Pfeilen drauf hingewiesen
Trotzdem erschrickt man instinktiv, wenn jemand auf der gewohnten Spur entgegen kommt
Sobald man jedoch nach ein paar Metern wieder alleine ist und sich die Situation ändert, z.B. nach dem Abbiegen in eine unbelebte Straße, schaltet das Hirn auf den ersten Kilometern noch in den gewohnten kontinetalen Rechtsfahrermodus.
Die Bordkamera hat das schön dokumentieren können. Mit Schwung die
Abzweigung von der Castle Hill Road in die Upper Road genommen. Gewohntes Rechtsfahren, alles schaut normal aus
Sapperlott, da kommt ja einer entgegen!
Schnell nach links rübergezogen, alles gut gegangen.Die Reflexe funktionieren, sind aber noch sehr schwerfällig.
Zur Akklimatisierung an den Linksverkehr beschloss ich noch ein bischen durch die Grafschaft Kent die Küstenstraße entlang nach Osten zu gondeln,
Eile war keine geboten, also erstmal anhalten an einem der unzähligen Gedenkstätten, hier bei St Margaret's at Cliffe für ein Regiment, welches im WK2 hier stationiert war, u.a. Sir Peter Ustinov.
ok, nochmal Konzentration. Versetzte Kreuzung, ich wollte nach rechts. Kopfkino: Das ist das kontinentale links, also das schwierige Abbiegen. Wer muss auf wen warten und wie komm ich aus der Sache raus?
Ich fuhr bei bestem Wetter bis
Deal zum
Castle direkt an der Strandpromenade
Dort gibt’s u.a. einen
Timeball-Tower mit Museum am ehemaligen Marinehafen
Dann hoch nach Sandwich und wieder westlich kurz vor Wingham an der A257 aus dem Augenwinkeln noch was gesehen, was hier nicht hier her gehört. Womöglich geographisch, nicht jedoch in unsere Zeit. Das Viech gehört zum
Wingham Wildlife Park
Zufällig* geriet ich ins herrliche
Elham Valley westwärts über kleine und kleinste Seitenstraßen ganz grob Richtung Hastings.
Überall gabs was zu entdecken. In dem kleinen namensgebenden Städtchen Elham waren die Vorgärten geschmückt mit selbstgebastelten Figuren oder Darstellungen. Daneben eine Nummer und der Bitte zu „voten“. Ich war verwirrt
Ein freundliches Ehepaar erklärte mir stolz, dass es dabei um eine Art Wohltätigkeitswettbewerb eines örtlichen Vereins handelt, der regionale landwirtschaftliche Produkte u.a.
im Rahmen eines Marktes bewirbt. Das Plakat dazu fand ich erst zuhause im Internet.
Das ganze Dorf, ob groß oder klein, ob reich oder arm, Schulen, Kindergarten, Kleinbetriebe macht da mit und scheute keinen Aufwand.
Ein herrlich verrücktes Volk.
*: Inzwischen glaube ich nicht mehr an Zufälle. Ich bin fest überzeugt, dass mich meine Jayne dort bewusst hin geführt hat. In diesem Ort lebte bevor der Krieg hierherkam für kurze Zeit Audrey Hepburn. Wikipedia schreibt: „Im Hollywood der 1950er Jahre war die „grazile Elfe“ Hepburn ein willkommener Kontrapunkt zu dem üppigen Schönheitsideal, das von Darstellerinnen wie Marilyn Monroe oder Sophia Loren verkörpert wurde. Billy Wilder sagte über sie: „Das Mädchen wird den Busen noch völlig aus der Mode bringen“. “
Die Route bis dahin
Immer wieder mal hoffte ich, mein Punktekonto bei der
Pfadfindertrophäe austocken zu können. Man sah viele runde Gebäude mit Spitzdach und Aufsatz, die wie ehemalige Windmühlen aussahen. Da müsste dann auch eine funktionierende Mühle in der Nähe sein? Bei näherer Betrachtung konnten es aber keine Windmühlen sein, da oftmals zwei solcher Gebäude unmittelbar nebeneinander standen und sich die Flügel wohl berührt hätten. Inzwischen weiß ich, dass es Darren, also meist
Malzhäuser waren. Wieder was gelernt.
Gelegentlich konnte man linkerhand wieder den Ärmelkanal sehen. Ich musste als noch sehr weit im Süden sein. Egal, die Gegend war klasse.
Ich folgte weiterhin den großen grünen Flächen auf dem Navi. Man fuhr oft wie in einem endlosen grünen Tunnel:
Nächster bemerkenswerter Ort der mir auffiel.
Tenterden Das Klischeedorf schlechthin

Am Bahnhof der nur noch als Museumseisenbahn betriebenen Bahnlinie hatte am Wochenende vorher wohl ein WK2-Reenactment stattgefunden. Genauer gesagt das
1940s-weekend.
Für mich als deutschen Staatsbürger, der weder von Staat noch Schule weder vollumfänglich, geschweige denn vorurteilsfrei über die damalige Geschichte aufgeklärt wurde, ist es immer etwas skurril, wie die Briten damit umgehen. Ok, Siegermächte haben keinen Grund nicht zu feiern, während in Deutschland in vorauseilendem political-correctness-Wahn sogar in einer Bundeswehruni ein Bild eines ehemaliger Verteidigungsministers verschämt abgehängt wird. Die Engländer sind da völlig unbefangen.
Die Zeit flog dahin. Ich kaufte mit zur Sicherheit etwas Verpflegung ein um notfalls auch im Zelt nicht leiden zu müssen.
Quartiersuche war lustig, zäh und langwierig. Der englische Humor schlug sich auch in den Kneipennamen nieder. Wer besitzt genügend Selbstironie seinen Pub als "schlammige Ente" zu bezeichnen?
In Broad Oak sprachen mich zwei Jungs vor einer Kneipe
The Rainbow Trout ihr Feierabendbier genießend an. Sie entwickelten nach kurzem Gespräch einen enormen Ehrgeiz mir in unmittelbarer Umgebung ein Quartier zu beschaffen um sich eine Belohnung in Form von Freibier zu verdienen. Ich kreuzte dann einige Kilometer in der Gegend auf und ab, jedoch erfolglos. B&B ist wohl nicht sehr populär im Süden Englands.
Auch andere Mopedfahrer waren auf der Suche. Mehrfach kam ich
dieser Gruppe über den Weg
Die dort oben konnten mir auch nicht helfen:
Ein paar Hotels und Pensionen klapperte ich noch ab, aber die Preise waren jenseits jeglicher Diskussionsgrundlage. bspw in
Sedlescombe. Sehr schöner Ortskern. dazu gibts später noch was zu sagen. sehr viel später.
Ich hatte jedoch Glück. Je später der Abend, desto mehr fallen die Preise an den Onlineportalen. So konnte ich nach 20 Uhr in Hastings im Towerhouse noch ein Zimmer bekommen.
Recht kitschig und gemütlich, jedoch mit drei Betten etwas unpraktisch eingerichtet für jemanden, der eigentlich nur eine Dusche, ein Bett und Platz für zuviel Gepäck braucht.
Schnell abgerödelt, das Abrechnungstechnische erledigt und noch schnell zum tanken.
Die
Dusche, speziell der Durchlauferhitzer war etwas sensibel. Die viktorianischen Wasserwerker hatten offenbar nicht damit rechnen können, dass sich die Bevölkerung regelmäßig waschen möchte. Statistsisch gesehen hatte ich wohltemperiertes Wasser, wenn man das Mittel nimmt von den Dampfschwallen und den eiskalten Wasserstößen, die sich langsam unter unappetittlichen Gurgeln und Glucksen in die Wanne quälten.
Aber ok, als technisch begabter Mensch lernt schnell damit umgehen, ganz langsam laufen lassen und Durchlauferhitzer auf halb und preis-leistungsmäßig passte es ja. Bis das Bad benutzbar war hatte ich meine Bilder des Tages auf dem Laptop, Wifi-Verbindung, Kontakt mit zuhause und gevespert. Nach
Unterwäscheauswinden und Körperreinigung hatte ich aber keine Energie und keinen Nerv mehr, die Gegend zu erkunden. Zwei Strongbow Cider streckten mich dann endgültig nieder.
Bin ja schließlich ziemlich rumgekommen.
Strecke auf dem Kontinent:
Strecke auf der Insel:
